Zwei Gesteine stehen einander gegenüber, in stiller Eintracht und dennoch getrennt. Der polierte Granit durchzieht den rauen Sandstein, vereint Gegensätze. Der leere Raum wird zum verbindenden Element, die Lücke zum Klangraum, in dem vergänglicher Hall durch das ewige Gestein fließt. Dieses multisensorische Kunstwerk lädt die Besucher dazu ein, seine verschiedenen Oberflächen und Formen zu berühren und zu begreifen. Es fängt das Zusammenspiel von Körper, Raum und Oberfläche ein und erforscht dabei die physischen Dimensionen der menschlichen Erfahrung. Der Granit, der mit dem übertragenen Klang singender Stimmen durchdrungen ist, erzeugt durch die Vibrationen seinen eigenen glockenähnlichen Klang, der sich von seiner traditionellen materiellen Wahrnehmung löst. Die Besucher können das Leben in ihm hören, wenn sie ihr Ohr an seine Oberfläche drücken. Durch seine haptische Sprache und seine Klangcollage lädt er die Besucher ein, in ihre eigenen Erfahrungsbereiche einzutauchen und die Kluft zwischen Geist und Körper zu überbrücken.
Ellen Ammanns Errungenschaften als Aktivistin, Politikerin und Vorkämpferin für Frauenrechte spiegeln einen willensstarken Frauencharakter wider. Sie beharrt darauf, sich gegen die Überzeugungen ihrer Zeitgenossen zu stellen und das Neue und den Fortschritt zu fordern. Erkennbar ist dies in ihren Porträts. Als „Frau Hofrat Ellen Ammann“ von 1930 fixiert sie die Betrachter:innen mit klaren Augen durchdringend und integer. Jedoch finden sich noch weitere Bilder, welche die junge Ellen Ammann zeigen und auf eine andere Facette hinweisen. „Ellen Ammann mit Papagei und Dackel“ ist ein Porträt, auf dem sie gleichermaßen kraftvoll erscheint, wenngleich das spielerische Arrangement eine eher ungewohnte Leichtigkeit zeigt. Diese sich offenbarende Vielschichtigkeit stellt zwei Seiten gegenüber, die in sich eine Einheit ergeben, sich ergänzen und einander formen. Verwoben und gestärkt durch einen starken Glauben entsteht eine komplexe Persönlichkeit. Im Werk finden sich diese Gegensätze wieder, die sich bei näherer Betrachtung weniger unterscheiden, als es den Anschein hat. Ein Spiel zwischen Beständigkeit und dem Ephemeren, Kraft und Leichtigkeit und die Komplexität des Menschlichen umgreift.
Linda Schumann