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MARIA TRANSITION

Maria sitzt schwanger auf einem Hocker an einem Durchgang, am Anfang eines neuen Lebens- abschnitts. Markante Schattenformen umspannen die Figur und erzeugen Räumlichkeit. Sie trägt ein graugrünes Oberteil und dunkelblaue Hosen. Die beleuchtete Wand hinter ihr lässt mit ihrem hellen Blau an einen senkrechten Himmel denken. Der Platz, an dem sie sitzt, erzählt ohne Worte und überhaupt treten die äußeren Dinge in den Hintergrund. Das reduzierte Interieur ummantelt die Figur. Es ist ein unbestimmter und instabiler Ort, ein Ort im Durchgang und Umbruch. Maria sitzt still und wach und wartet auf die Niederkunft. Abstrahierte landschaftliche Formen rahmen das Eitemperabild mit einer fragil wirkenden Räumlich- keit, die auf Weghaftes verweist. 
Transition meint den Übergang der jungen Frau Maria zur Elternschaft. Eine Schwangerschaft ist eine Herausforderung mit ungewissem Ausgang, die Geburt des ersten Kindes eine Zäsur im Leben einer Frau. Jesus wurde „aus der Frau“ geboren heißt es im Galaterbrief (Gal 4,4). Maria ist die Frau, die Gottes Repräsentanten im Transitorischen gebiert. Gott tritt auf, kommt in die Welt und nimmt Sitz in Maria. Gottes Sein in der Welt ist im Werden. Für Marias Leben ist das Transitorische, das auf dem Weg Seiende charakteristisch. Von Nazareth aus auf dem Weg nach Bethlehem, dann nach Ägypten, wieder nach Nazareth und später nach Jerusalem. Ebenso trägt sie das Weghafte ihres Sohnes Jesus mit. Diese Eigenschaft ihres Lebens verbindet sie mit unserer heutigen Zeit.


Anna Maria Kursawe

MARIA

Mutter Jesu

Sie ist die populärste Frau der Bibel. In den kanonischen Schriften nimmt sie eine relevante Stellung ein. Sie stellt eine zentrale Figur von Frömmigkeitskulten dar, ist wesentlicher Teil der Literaturgeschichte, tausendfach vervielfältigt in der abendländischen Kunst, tritt auch in der Filmwelt auf und ist von Interesse für aktuelle feministische Diskurse. Sie ist Vorbild für verklärte Unschuld, Keuschheit, Jungfräulichkeit und als Mutter Jesu zugleich für Mütterlichkeit. Sie ist eine der Frauen am Kreuz und steht zusammen mit den Jünger:innen am Beginn des Christentums.
Für die christliche Glaubens- und Deutungs- geschichte ist Maria jedoch nicht von Beginn an derart präsent. Erst im zweiten Jahrhundert wird ihre Beteiligung an der Frohen Botschaft von größerer Bedeutung. Für die modernen Religionswissenschaften wird deutlich, dass sich die Entstehung des Christentums und das Hören der Frohen Botschaft auf die Mutter des Menschen- sohnes stützt. Wer war diese Frau, die uns heute so still, fromm und selbstlos erscheint? Wie hätte die Geschichte des Christentums ohne ihr „Ja“ zum Wirken Gottes ausgesehen? 
Im Matthäusevangelium wird Maria als eine der wenigen Frauen des Judentums hervorgehoben, die in der patrilinearen Erbfolge von Männern auftritt. Nicht von Josef, sondern „aus der heiligen Geistkraft“ (Mt 1,18) wird sie schwanger. Ihre Empfängnis ist kein passives Annehmen von tradierten Vorstellungen, sondern eine eigen- ständige Willensaussage als mutige Teilhabe in ihrem personalen Verhältnis zu Gott.


Inga Tretjakow

Maria

ARIA TRANSITION

Eitempera auf Holz, Wandmalerei: Acryl/Dispersionsfarbe auf Wand Holz, Schleiernessel, Knochenleim, Kreide, Pigment, Leinöl, Ei; Wandmalerei: Acryl/Dispersionsfarbe 40,4 x 55,5 x 2 cm, Wand malerei: ca. 295 x 230 m