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MEIN GANZES LEBEN

Bildnis der Luise Löwenfels / Schwester Maria Aloysia

Meine Kohlezeichnung ist am Boden entstanden. 
Das ermöglicht mir sowohl in der Linienführung als auch im Farbauftrag eine zügige und kraftvolle Arbeitsweise, die dem kurzen und intensiven Leben Luise Löwenfels‘ entspricht.
Von dem jungen in sich gekehrten Mädchen jüdischen Glaubens zur überzeugten Christin war es nur ein kurzer Lebensweg, der nach 27 Jahren brutal in Auschwitz endete.
Den Schutz, der ihr im Leben nicht zuteilwurde, gewährt sie sich in diesem Bildnis nun selbst: Mit ausgebreiteten Armen behütet sie ihr ganzes Leben, das hier im Uhrzeigersinn in einzelnen Szenen wiedergegeben wird. 
Von Alpha bis Omega, von den Betrachter:innen aus gesehen von der linken bis zur rechten Hand, entwickelt sich ihr Weg, der im jüdischen Elternhaus beginnt und Schritt für Schritt zu ihrer Erfüllung im christlichen Glauben als Ordensschwester führt.
Luises Porträt im oberen Bildbereich ist der Scheitelpunkt und die Krönung ihrer Entwicklung. Sie ist die Frau, die sie hätte werden können: bestimmt, kraftvoll, selbstbewusst.
Dahinter erklingt ihre Stimme in Form ihres Gedichtes, das ihr Leid zu Lebzeiten, aber auch ihre Stärke und innere Überzeugung erkennen lässt. Es spiegelt in Wortbildern die zeichnerischen Darstellungen wider.
Im Hintergrund scheinen aktuelle Zeitungsberichte durch, v.a. zum derzeitigen Krieg in der Ukraine. Sie zeugen von Szenen, die an Luises Schicksal erinnern.
Das Ultramarinblau ist die symbolische Verbindung von Himmel, Erde und Gott. Luise ist zu Maria Aloysia geworden.


Corinna Smok

LUISE LÖWENFELS (1915–1942)

Ordensfrau und Holocaustopfer

Luise Löwenfels wurde am 5. Juli 1915 in Trabelsdorf bei Bamberg geboren. 
In Ingolstadt besuchte Luise die „Höhere Töchterschule“ der Gnadenthaler Schwestern. Sie wurde als Erzieherin im Fachseminar der Maria-Stern-Schwestern in Nördlingen ausgebildet. Ihre Teilnahme am Konvertit:innenunterricht führte zur Trennung von ihrer Familie. Die Familie sprach über sie das Shiwa, das jüdische Totengebet.

1936 verließ Luise Deutschland, weil ihr die Denunziation drohte. Sie fand bei den Dernbacher Schwestern in den Niederlanden Unterkunft. Sie bestand in Geleen zwei Examina: als Lehrerin im Maschinenschreiben mit der Bestnote und als Stenografie-Lehrerin.

Im September 1937 trat Luise bei den Schwestern ein und legte als Schwester Maria Aloysia ihre ersten Gelübde ab.

Nach der deutschen Besetzung der Niederlande lehnte Luise ein Angebot des Ordens ab, nach England zu gehen. Als Ende Juli 1942 die holländischen katholischen Bischöfe ein Protestschreiben gegen die Judenverfolgung veröffentlichten, reagierte die Parteiführung der Nazis eine Woche später mit dem Abtransport aller Ordensleute jüdischer Abstammung ins Lager Westerbork. Von dort erfolgte die Deportation nach Auschwitz. Dort wurde Sr. Aloysia (zusammen mit Edith Stein) am 09.08.1942 vergast.

Der Seligsprechungsprozess von Sr. Aloysia Löwenfels trägt sicher auch dazu bei, generell die Opfer des NS-Regimes zu würdigen und auch allen Anfängen einer nationalsozialistischen, rassistischen und fremdenfeindlichen Ideologie entschieden zu wehren.

Dr. Andrea M. Friedrich

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MEIN GANZES LEBEN

Bildnis der Luise Löwenfels / Schwester Maria Aloysia

2023, Kohle, Acryl, Zeitung auf Leinwand, 320 x 220 cm