Zum Inhalt springen

UNERMÜDLICHE

Zwei Gesteine stehen einander gegenüber, in stiller Eintracht und dennoch getrennt. Der polierte Granit durchzieht den rauen Sandstein, vereint Gegensätze. Der leere Raum wird zum verbindenden Element, die Lücke zum Klangraum, in dem vergänglicher Hall durch das ewige Gestein fließt. Dieses multisensorische Kunstwerk lädt die Besucher dazu ein, seine verschiedenen Oberflächen und Formen zu berühren und zu begreifen. Es fängt das Zusammenspiel von Körper, Raum und Oberfläche ein und erforscht dabei die physischen Dimensionen der menschlichen Erfahrung. Der Granit, der mit dem übertragenen Klang singender Stimmen durchdrungen ist, erzeugt durch die Vibrationen seinen eigenen glockenähnlichen Klang, der sich von seiner traditionellen materiellen Wahrnehmung löst. Die Besucher können das Leben in ihm hören, wenn sie ihr Ohr an seine Oberfläche drücken. Durch seine haptische Sprache und seine Klangcollage lädt er die Besucher ein, in ihre eigenen Erfahrungsbereiche einzutauchen und die Kluft zwischen Geist und Körper zu überbrücken.

 

Ellen Ammanns Errungenschaften als Aktivistin, Politikerin und Vorkämpferin für Frauenrechte spiegeln einen willensstarken Frauencharakter wider. Sie beharrt darauf, sich gegen die Überzeugungen ihrer Zeitgenossen zu stellen und das Neue und den Fortschritt zu fordern. Erkennbar ist dies in ihren Porträts. Als „Frau Hofrat Ellen Ammann“ von 1930 fixiert sie die Betrachter:innen mit klaren Augen durchdringend und integer. Jedoch finden sich noch weitere Bilder, welche die junge Ellen Ammann zeigen und auf eine andere Facette hinweisen. „Ellen Ammann mit Papagei und Dackel“ ist ein Porträt, auf dem sie gleichermaßen kraftvoll erscheint, wenngleich das spielerische Arrangement eine eher ungewohnte Leichtigkeit zeigt. Diese sich offenbarende Vielschichtigkeit stellt zwei Seiten gegenüber, die in sich eine Einheit ergeben, sich ergänzen und einander formen. Verwoben und gestärkt durch einen starken Glauben entsteht eine komplexe Persönlichkeit. Im Werk finden sich diese Gegensätze wieder, die sich bei näherer Betrachtung weniger unterscheiden, als es den Anschein hat. Ein Spiel zwischen Beständigkeit und dem Ephemeren, Kraft und Leichtigkeit und die Komplexität des Menschlichen umgreift.


Linda Schumann

ELLEN AMMANN (1870–1932)

sozial engagierte Politikerin

Am 1. Juli 1870 wird Ellen Ammann als Ellen Aurora Sundström in Stockholm geboren. Sie heiratet Dr. Ottmar Ammann in Stockholm und geht mit ihm nach München. 1895 ist sie an der Gründung des „Marianischen Mädchenschutzvereins“ (heute IN VIA) beteiligt. Dieser kümmert sich um junge Mädchen, die vom Land in die Stadt ziehen, um eine Arbeitsstelle zu finden. Ellen Ammann erkennt früh, dass die präventive Sozialarbeit bereits am Ankunftsort Bahnhof einsetzen muss; deshalb gründet sie 1897 in München die erste katholische Bahnhofsmission Deutschlands. Im Dezember 1904 initiiert sie die Gründung des Münchner Zweigvereins des Katholischen Frauenbundes und wird Vorsitzende. Anfangs bemüht sich der Katholische Frauenbund vor allem um die Verbesserung der Berufssituation von Heimarbeiterinnen, Dienstbotinnen und Kellnerinnen, denn diese drei Berufsgruppen zählen zu den eindeutigen Verliererinnen der industriellen Revolution. „Nur wer die Zeichen der Zeit gar nicht versteht, wer die Zusammenhänge der wirtschaftlichen und sozialen Bewegung unserer Zeit gar nicht kennt, kann die Notwendigkeit einer katholischen Frauenorganisation leugnen.“ (Ellen Ammann 1904). Bei der Landtagswahl 1919 wird Ellen Ammann als eine von acht Frauen in den Bayerischen Landtag gewählt. Sie kümmert sich vor allem um sozial- und familienpolitische Themen. Als Parlamentarierin der ersten Stunde gehörte sie bis zu ihrem Tod 1932 ununterbrochen dem bayerischen Landtag an.

Claudia Dworazik

Unermüdliche_Schumann

UNERMÜDLICHE

Nero Assoluto Granit, Warthauer Sandstein, Tontechnik 170 x 170 x 76 cm